Gastbeitrag
Im Onlinehandel besteht immer wieder das Problem, das Kunden ihre Rechnungen nicht bezahlen. Auch wenn bestimmte Zahlungsarten das Risiko überhaupt einen säumigen Kunden zu erwischen reduzieren können, so lässt sich das Risiko in den seltensten Fällen ganz ausschalten. Es können immer wieder Situationen auftreten, die zum temporären oder dauerhaften Zahlungsausfall führen können. Die Folge sind Umsatzverluste, höhere Betriebsausgaben und erhöhter zeitlicher Aufwand. Für Onlinehändler ist es daher wichtig, einige Grundlagen im Mahnwesen zu kennen und wissen, wie gegen säumige Kunden vorgegangen werden kann und wann man ein Inkasso Unternehmen einschalten sollte.
Gründe für den Forderungsausfall
Obwohl die Gründe für Zahlungsausfälle sehr vielfältig sind, liefert eine Einteilung in Privat- und Geschäftskunden einen guten Einblick in die häufigsten Gründe für einen Zahlungsausfall:
– Bei Geschäftskunden sind vor allem kurzfristige Liquiditätsengpässe und ausstehende Forderungen bei eigenen Kunden Ursache für säumige Zahlungen. Hinzu kommt die häufig geringe Eigenkapitalausstattung vieler KMU.
– Im Privatkundengeschäft führen vor allem Überschuldung und Arbeitslosigkeit zu Zahlungsausfällen. Hinzu kommt, dass es eine Reihe an säumigen Schuldnern gibt, die bewusst auf die Begleichung offener Rechnungen verzichtet.
Wie und wann spricht man richtig mit dem Kunden?
Viele Shopbetreiber zögern zunächst, wenn Rechnungen nicht fristgerecht beglichen werden. Der Kunde ist schließlich König und in der Abhängigkeit, die insbesondere kleinere oder mittelständische Shops fürchten, dass sie ihre Käufer durch eine vorschnelle Reaktion verärgern. Zögerliches Handeln führt jedoch nur dazu, dass auch der Kunde zunächst abwartet. Erforderlich ist hier ein sensibles, aber konsequentes Vorgehen. Wurde die Rechnung korrekt gestellt, ist der säumige Zahlungspflichtige im Zugzwang.
Wie vermeiden Shopbetreiber Zahlungsausfälle?
1) Vorbeugende Maßnahmen – Informationen über Geschäftspartner
Bonitätsprüfung: Zahlungsfähigkeit der Kunden bewerten. Zu Beginn des Prozesses sollte eine Einschätzung der Zahlungsfähigkeit der Kunden erfolgen. Grundsäulen zur Bewertung der Bonität und der Identität bilden Daten von Auskunfteien in Kombination mit den beim Händler intern vorhandenen Informationen aus früheren Transaktionen des jeweiligen Kunden. Anhand dieser Angaben werden Score-Werte ermittelt, die die Zahlungsfähigkeit der Kunden bewerten.
Der Scoring-Wert bestimmt die Zahlungsarten
Der Scoring-Wert wird beim Checkout Prozess ermittelt. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Bonitätsprüfung selbstverständlich den Prozess nicht behindert. Allerdings dürfte einem Großteil der Kunden ohnehin klar sein, dass eine solche Prüfung in der einen oder anderen Form stattfindet, da dies auch in den AGB´s und Datenschutzrichtlinien eines jeden Shopbetreiber stehen muss, der Bonitätsprüfungen durchführt. Indiziert das Scoring ein hohes Risiko für einen Zahlungsausfall, werden dem Kunden mit Risiko behaftete Zahlungsarten gar nicht erst angeboten. In der Regel ist dies die Zahlart Kauf auf Rechnung, der für den Händler das mit Abstand höchste Ausfallrisiko mit sich bringt. Welche Scoring-Werte zum Angebot welcher Zahlungsarten führen, können Sie als Shopbetreiber in Absprache mit Ihrem Bonitätsprüfer natürlich individuell justieren.
So können Händler direkte Risiken in der Abwicklung der Transaktion reduzieren, aber auch im Falle nichtbezahlter Rechnungen den durch Forderungsmanagement entstehenden Mehraufwand vermeiden. Mithilfe eines solchen Risikomanagements sind Shopbetreiber auch in der Lage, Betrugsstrategien aufzudecken effizient zu bekämpfen. Dabei werden etwa Fraud-Muster, zum Beispiel falsche Identitäten oder Abweichungen bei der Adresse, erkannt.
2) Vorkasse
Ein besonders weitgehendes Sicherungsmittel ist die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht des Kunden. Bei der Vorkasse erfolgt die Warenlieferung erst dann, wenn der Kunde zuvor vollständig gezahlt hat. Ob dieses Sicherungsmittel in Betracht kommt, muss jeder selbst abwägen: Die Bereitschaft zur Vorkasse kann bei neuen Kunden gering sein. Diese könnten sich von einem derartigen Ansinnen eher abgeschreckt fühlen.
Mahnwesen und Inkasso: So kommen Sie effektiv zu Ihrem Geld
1. Sie machen gar nichts
Das mag zunächst erstaunlich klingen. Aber eine aktuelle Umfrage des Ibi Research Instituts hat ergeben, dass fast 30% der befragten Shopbetreiber keine Maßnahmen ergreifen, wenn Kunden zu spät zahlen. Für Shops und Dienstleister ist nichts zu tun aber keine Option. Sie haben Ware eingekauft und bezahlt oder als Dienstleister gearbeitet. Dafür müssen Sie bezahlt werden, sonst droht Ihnen die Pleite. Lediglich für Anbieter von digitalen Produkten ist nichts tun eine Option. Wenn Sie beispielsweise niedrigpreisige E-Books für 1,99 Euro anbieten, werden Sie sich 3x überlegen, ob Sie jedem säumigen Zahler mit einem aufwändigen Inkassoverfahren hinterherrennen. Sie haben ja keinen direkten Verlust. Sie haben dann aber natürlich auch keinen Gewinn. Gerade bei digitalen Produkten ist es also besser, dafür zu sorgen, dass es ein effektives Inkasso und Mahnwesen gibt.
2. Sie mahnen selbst
Richtiges Mahnen erfordert gute Organisation. Oft wird sie aufgeschoben, denn die Auseinandersetzung mit säumigen Schuldnern ist unangenehm. Doch das ist die falsche Strategie: Schließlich ist die Ware/Leistung erbracht und Ihnen steht Ihr Geld zu. Manche Kunden übersehen versehentlich eine Rechnung oder sind zahlungsunfähig bzw. überschuldet und wiederum andere besitzen eine schlechte Zahlungsmoral. Wenn dies eintrifft, dass Ihr Kunde eine Rechnung nicht rechtzeitig bezahlt, müssen Sie ihn fristgerecht an die Zahlung erinnern.
Die Zahlungserinnerung kann wiederholt erfolgen, wenn der Kunde die erste Mahnung ignoriert. Das Schreiben von Zahlungserinnerungen unterliegt gesetzlichen Regelungen. Damit eine Zahlungserinnerung rechtlich wirksam wird, muss man also beim Schreiben bestimmte Regelungen einhalten. In der Regel wird eine Mahnung aber nicht sofort nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist verschickt, sondern haben Kunden bis zu 30 Tage nach Ablauf des Zahlungsziels Zeit, eine Zahlung zu veranlassen. Oft hilft es aber auch bereits, den Kunden einfach anzurufen und nachzufragen, warum es zu einem Verzug gekommen ist. Es kann folgendes vorliegen:
– Der Kunde hat keine Rechnung erhalten: Übersenden Sie die Rechnung in diesem Fall erneut. Weisen Sie den Kunden darauf hin, dass die Zahlungsfrist bereits angefangen bzw. abgelaufen ist und setzen Sie ihn in Verzug, um das Zahlungsziel nicht unnötig zu verlängern.
– Der Kunde hat vergessen, die Rechnung zu begleichen: Möglicherweise können Sie ohne eine Mahnung zu versenden sich bereits mündlich auf ein Zahlungsziel einigen.
– Der Kunde steckt in Zahlungsschwierigkeiten: Hier kann Ihnen die Übergabe der Forderung an ein Inkassobüro helfen. Ihr Kunde kann mit dem Inkassounternehmen unter anderen auch eine Ratenzahlung vereinbaren.
– Der Kunde ist insolvent: Vorsicht! Besteht die Insolvenz des Kunden erst seit kurzem, kann es sein, dass die Rechnung angefochten wird und Sie im schlimmsten Fall auf Ihrer Forderung sitzen bleiben. Melden Sie Ihre Forderung jedoch in jedem Fall gegenüber dem Insolvenzverwalter des Kunden an.
– Der Kunde verweigert die Zahlung: Sie können direkt das gerichtliche Mahnverfahren einleiten und auf weitere Mahnungen verzichten.
– Der Kunde verstrickt sich in Ausreden oder es handelt sich um eindeutigen Betrug: Leiten Sie am besten sofort das gerichtliche Mahnverfahren ein. Liegen Ihnen eindeutige Beweise für Betrug vor, können Sie auch einen Zivilprozess anstoßen und eine Strafanzeige stellen.
Sie verhindern, dass sich weitere offene Rechnungen ansammeln, wenn Sie bei den letzten vier Fällen keine neuen Bestellungen des Kunden annehmen bzw. auszuführen.
3. Sie beauftragen ein Inkassounternehmen
Verweigert der Kunde trotz mehrfacher Mahnung die Zahlung weiter, sehen Händler häufig den Gang zum Inkassounternehmen als letzten Ausweg. Grundsätzlich gelten diese Rechtsverfolgungskosten auch als ersatzfähig. Die Einschaltung eines Inkassounternehmens wird aber von einem großen Teil der Gerichte als nicht erforderlich angesehen, da die eigene Betreibung des Mahnwesens oder der gerichtliche Mahnbescheid als kostengünstiger und erfolgversprechender angesehen werden. Dabei sollte beachtet werden, dass den Händler auch als Geschädigten nach § 254 Abs. 2 BGB die Pflicht trifft, den Schaden möglichst gering zu halten (sog. Schadensminderungspflicht). Schließlich muss man sich fragen: Warum sollte der Kunde auf den Brief eines Inkassounternehmens zahlen, wenn er auf einen Brief des Shopbetreibers nicht zahlt? Was für die Einschaltung eines Inkassodienstleisters spricht:
– Man gibt die Aufgabe der Beitreibung in professionelle Hände und hat Zeit sowie Ressourcen sich auf sein eigenes Kerngeschäft zu konzentrieren.
– Es hat eine andere Wirkung wenn der Brief von einem Inkassounternehmen kommt.
– Inkassounternehmen arbeiten auf psychologischer Basis um den Schuldner zur Zahlung zu bewegen und haben somit eine höhere Beitreibungsquote.
Fazit
Shopbetreiber sollten zur Sicherung ihrer Liquidität ein effektives Forderungsmanagement einführen und etablieren. Hierzu zählt auch die Prüfung von AGB, Rechnungsstellung und ein ausreichendes Überwachungssystem in Bezug auf Fristen und Zahlungseingängen. Mahnkosten können nur bei Verzug des Kunden verlangt werden! Das kann je nach Forderungsmanagement entweder unmittelbar nach Ablauf des in der Rechnung gesetzten Zahlungsziels sein oder nach dem gesetzlichen Leitbild, mit Ablauf der Frist der ersten Mahnung. Bei Verträgen zwischen Unternehmen sollte die gesetzliche Verzugspauschale von 40 € nicht übersehen werden!
Burkhard Quermann
Der Firmengründer und geschäftsführender Gesellschafter der Allgemeiner Debitoren- und Inkassodienst GmbH ist seit fast zwanzig Jahren sach- und fachkundig im Bereich des Forderungsmanagements aktiv. Mit seiner Erfahrung und seinem Knowhow leitet er sein Unternehmen seit mehr als fünfzehn Jahren erfolgreich und steht Mandanten in allen Fragen und Problemstellungen mit Rat und Tat zur Seite.