Gastbeitrag von Ida Julia Schlößer
Hohe Verfügbarkeiten, ortsunabhängiger Zugriff, ein großes Maß an Flexibilität – dem Onlinehandel sind seine positiven Eigenschaften, insbesondere vor dem Hintergrund moderner Gesellschaftsanforderungen, nicht abzusprechen. Ein fader Beigeschmack bleibt angesichts des boomenden Onlinegeschäftes dennoch: Denn mit wachsendem Zulauf nimmt auch der Einsatz von Verpackungen (wie auch in vielen anderen Bereichen) unweigerlich zu. Diese Entwicklung birgt Folgen für Umwelt und Klima, welche über die weltweite Aufmerksamkeit hinaus zu konkreten Aktionen aufruft.
Eine solche Maßnahme stellt das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) dar, das seit dem 1. Januar 2019 in Deutschland gilt und das auf dem Prinzip der Produktverantwortung basiert. Es nimmt vor diesem Hintergrund all jene, die sogenannte Verkaufsverpackungen mit Produkten befüllen und in Umlauf bringen, in die Pflicht und verlangt von ihnen eine Kostenbeteiligung am fachgerechten Recycling der Verpackungsmaterialien. Dies betrifft sowohl Hersteller als auch (Online-)Händler und Importeure.
Für wen gelten die Vorgaben des Verpackungsgesetzes?
Als grundsätzliche Maßgabe des Gesetzes gilt: Befüllt ein gewerbsmäßig tätiger Hersteller oder (Online-)Händler eine Verkaufsverpackung (mehr zur Definition des Begriffes im folgenden Absatz) erstmalig mit Ware und bringt sie anschließend in Deutschland in Umlauf, ist er gemäß seiner Produktverantwortung verpflichtet, den Vorgaben des VerpackG zu folgen. Er gilt als „Erstinverkehrbringer“ der Verpackung.
Was ist eine „Verkaufsverpackung“?
In seinen Bestimmungen bezieht sich das VerpackG auf die sogenannten Verkaufsverpackungen. Hierbei handelt es sich um solche Verpackungen, die endkundenbezogen sind, also nach dem Inverkehrbringen letztlich typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen. Diese Begriffsbestimmung beinhaltet demnach sowohl direkte Produkt- und Umverpackungen als auch Service- und – besonders relevant für den Onlinehandel – Versandverpackungen samt Polster- und Füllmaterial.
Hinweis: Für die VerpackG-Vorgaben gelten keine Mindestmengen, sodass sie ab der ersten befüllten und in Verkehr gebrachten Verpackung greifen. Das Verpackungsmaterial ist ebenfalls unerheblich – entpflichtet werden müssen alle verwendeten Stoffe, von Papier, Pappe, Karton über Kunststoffe bis hin zu Metallen, Naturmaterialien oder Glas.
Was geschieht bei Missachtung der Gesetzesvorgaben?
Lässt ein betroffener Erstinverkehrbringer seine VerpackG-Pflichten unbeachtet, begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit Geldbußen bis zu 200.000 EUR und Verkaufsverboten sanktioniert werden. Für alle jene Händler, die den Maßgaben – bewusst oder unbewusst – bislang nicht folgen, gilt entsprechend in ihrem eigenen Interesse und im Sinne der Nachhaltigkeit, ihr Versäumnis umgehend nachzuholen.
Welche Pflichten resultieren konkret aus dem VerpackG?
Sofern auf Sie die oben genannte Definition als Erstinverkehrbringer zutrifft, ergeben sich die folgenden drei zu erledigenden Punkte für Sie. Sie alle können online erledigt werden:
Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR)
Bei der ZSVR handelt es sich um eine im Kontext des VerpackG neu geschaffene Stiftung, die die Aufgabe hat, die Einhaltung der Gesetzesvorgaben zu kontrollieren. Entsprechend müssen sich hier alle Erstinverkehrbringer von Verpackungen registrieren. Dies erfolgt via LUCID, die Registerdatenbank der Zentralen Stelle.
Systembeteiligung bzw. Verpackungslizenzierung
Anschließend gilt es, Ihre individuelle Verpackungsmenge zu entpflichten. Dies erfolgt über die Zahlung eines Lizenzentgelts an ein duales System (z. B. über den Onlineshop Lizenzero beim Dualen System Interseroh), mit dem Sie Ihre Verpackungen bei diesem beteiligen bzw. „lizenzieren“. Wie hoch das Entgelt ausfällt, hängt im Wesentlichen von Ihren Verpackungsmengen und den zum Einsatz kommenden Verpackungsmaterialien ab. Im Gegenzug trägt das duale System Sorge dafür, dass die vom Endverbraucher entsorgten Verpackungsabfälle gesammelt, sortiert und fachgerecht recycelt werden.
Hinweis: Im Rahmen der Registrierung bei der ZSVR erhalten Sie eine individuelle Registrierungsnummer. Diese müssen Sie bei Ihrem dualen System angeben, um beide Stellen miteinander zu verknüpfen.
Mengenmeldung bei der ZSVR
Nach Abschluss der Systembeteiligung geben Sie zuletzt via LUCID den Namen Ihres dualen Systems und die dort gemeldete Menge an Verpackungen an die ZSVR weiter – fertig!
Hinweis: Da sich beide Stellen austauschen, sollten Sie die gegenüber der ZSVR und gegenüber dem dualen System gemeldeten Mengen stets kongruent halten.
Fallbeispiele: Das VerpackG in der Praxis
Gesetzestexte haben die Neigung, nicht immer die größte Nähe zur Praxis aufzuweisen. Die folgenden Fallbeispiele setzen Begriffe wie „Verkaufsverpackung“, „privater Endverbraucher“, „erstmalige Befüllung“ etc. in einen konkreten Praxisbezug.
Im klassischen Vertrieb von Waren über den eigenen Onlineshop betreffen Sie die VerpackG-Bestimmungen unmittelbar. Denn in diesem Fall sind Sie es typischerweise, der ein bestelltes Produkt (wahrscheinlich samt Produktverpackung des Herstellers) nach Bestellauslösung in eine Versandverpackung füllt, diese auspolstert und mit Packhilfsmitteln transportsicher verschließt. Sie sind also der Erstbefüller und -inverkehrbringer dieser Versandverpackung und entsprechend zu deren Beteiligung (inklusive der Polstermaterialien und Packmittel) verpflichtet.
Sollten Sie außerdem auch Produzent der verschickten Ware sein, sind Sie zusätzlich zur Versandverpackung auch für jegliche Produkt- und Umverpackungen verantwortlich, die Sie mit der produzierten Ware befüllen.
Für den Fall, dass Sie für den Vertrieb auf Marktplätze wie Amazon, eBay, Etsy, Rakuten etc. zurückgreifen, gelten grundsätzlich die gleichen Maßgaben wie im vorigen Fall. Denn für die Bestimmung des Erstinverkehrbringers ist unerheblich, welchen Vertriebsweg Sie nutzen. Treffen die im ersten Abschnitt getroffenen Annahmen auf Sie zu, d.h. Sie befüllen selbst Verpackungen, sind Sie auch für deren Beteiligung verantwortlich.
Als Drop-Shipper, dessen Ware vom Produzenten direkt verpackt und an den Endkunden verschickt wird und der somit keinerlei direkten Kontakt zu Ware oder Verpackung hat, sind Sie von den Bestimmungen des VerpackG nicht betroffen. Stattdessen ist gemäß des Verständnisses der Zentralen Stelle Verpackungsregister der Produzent der Ware für die Entpflichtung der Verpackungen zuständig – das gilt sowohl für die Produktverpackung als auch für die Versandverpackung.
Gemäß der Zentralen Stelle beauftragt ein Onlinehändler beim Prinzip des Fulfillments einen Logistiker mit der Verpackung und Versendung seiner Waren. Dennoch ist nur der Onlinehändler nach außen hin als Vertreiber der Ware erkennbar, sodass ihm als Anlassgeber für den Handel auch die Produktverantwortung inne ist. Die für die korrekte Entpflichtung der Verpackungen notwendigen Gewichts- und Materialangaben müssen beim Logistiker erfragt werden. Welche der beim Endverbraucher anlangenden Verpackungen Sie konkret beteiligen müssen, hängt davon ab, ob Sie vom Logistiker nur die Versandverpackung befüllen lassen oder die Ware zusätzlich auch importiert haben (in letzterem Fall kommt noch die Produktverantwortung für die Produktverpackung hinzu, siehe nächster Abschnitt).
Update April 2019: Im Zuge einer Änderung der Interpretation des VerpackG ist zukünftig nicht mehr der Händler, der seine Waren durch einen externen Dritten verschicken lässt, für die Lizenzierung und Registrierung der Verpackung verantwortlich, sondern der Versand- und Logistikdienstleister. Dieser gilt in diesem Fall als Erstinverkehrbringer. Selbst wenn der Versand der Ware in einer neutralen Verpackung erfolgt oder beide (der Verkäufer und der Versanddienstleister) zugleich erkennbar sind, liegen die Pflichten des Verpackungsgesetzes beim beauftragten Fulfillment-Center. Die einzige Ausnahme gilt für Versandverpackungen, auf denen ausschließlich der Verkäufer der Ware erkennbar ist. In diesem Fall ist der Verkäufer selbst systembeteiligungs- und registrierungspflichtig.
Auch die Verpackungen von Importware müssen gemäß VerpackG entpflichtet werden, denn letztlich fallen auch sie hierzulande als Abfall an. Als verpflichtet gilt in diesem Fall der Unternehmer, der die Verpackungen gewerbsmäßig einführt. Im Normalfall handelt es sich dabei um den Importeur (also denjenigen, der die Waren aktiv nach Deutschland holt bzw. dies veranlasst). Er ist dann zusätzlich zur Versandverpackung auch für die (mit) importierte Produktverpackung verantwortlich.
Vertreibt ein ausländischer Händler seine Produkte ohne den Umweg über einen Zwischenhändler an Kunden in Deutschland, ist wiederum er gemäß VerpackG-Logik Verantwortlicher für die eingeführten Verpackungen.
Ida Schlößer
Diesen Gastbeitrag hat Ida Schlößer von Interseroh für uns geschrieben. Sie ist dort für das Content-Marketing des frisch gestarteten Onlineshops für Verpackungslizenzierung Lizenzero zuständig.