Bewertungen sind bei den meisten Entscheidungen im Internet sehr wichtig und spielen dort eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund gibt es sie mittlerweile für fast alles – für Hotels, Autos, Handwerker, Ärzte, Shops, Tierhalter und vieles mehr.
Dementsprechend ist fast Jedem heutzutage bewusst, wie wichtig die eigenen Bewertungen für sein Geschäft beziehungsweise seine generelle Reputation im Internet sind. Es ist allerdings viel weniger eindeutig, wie genau eine Entscheidung auf Grundlage von vorhandenen Bewertungen getroffen wird. Hier tauchen immer wieder dieselben Fragen auf:
- Ist es unglaubwürdig, wenn man bei über 200.000 Bewertungen 100% positive Bewertungen hat?
- Wie viele positive Bewertungen sind notwendig, um eine negative auszugleichen?
- Lesen sich die Kunden die Bewertungstexte durch? Und wenn ja, welche?
Wenn Personen sich nach Bewertungen richten, werden vor allem drei Aspekte betrachtet:
- Anzahl der Bewertungen
- Bewertungstexte
- Verhältnis von positiven zu negativen Bewertungen
In der Regel werden alle drei Aspekte für die Entscheidung berücksichtigt. Es kann allerdings vorkommen, dass ein einzelner Faktor stärker gewichtet wird und dadurch die Entscheidung maßgeblich beeinflusst. Das Verhältnis zwischen positiven und negativen Bewertungen wird häufig als entscheidendes Ausschlusskriterium verwendet. Aus diesem Grund ist dies eines der zentralen Elemente auf einer Webseite, das viele Internetnutzer sofort suchen und beachten. In der Praxis werden das Verhältnis und die Anzahl der Bewertungen oft zusammen betrachtet und für die Kaufentscheidung benutzt, da nur die Kombination aus beiden Faktoren eine wirkliche Aussagekraft hat. Eine einzelne positive Bewertung nützt genau so wenig wie viele Bewertungen, bei denen die Hälfte negativ ist.
Erstaunlicherweise beeinflussen schlechte Bewertungen die Kaufentscheidung nicht negativ, wenn es mindestens 10 Mal so viele positive Bewertungen gibt. Es wirkt sich im Gegenteil sogar verkaufsfördernd aus, wenn bei sehr vielen Bewertungen auch hin und wieder negative auftauchen. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Bei ausschließlich positiven Bewertungen zweifeln viele Internetnutzer deren Echtheit an. Gerade bei einer großen Anzahl an abgegebenen Bewertungen – also Interaktionen – kann es durchaus hin und wieder einen Mangel geben. Wird dieser durch eine Antwort auf eine negative Bewertung gut begründet und beseitigt, gehen viele Internetnutzer von einem vertrauenswürdigen Gegenüber aus.
Häufig werden Bewertungstexte erst gelesen, wenn der Gesamteindruck des Gegenübers auf den ersten Blick positiv ist und eine Interaktion stattfinden soll. Wie die Texte dann die endgültige Entscheidung beeinflussen, ist unterschiedlich. Manche Personen lesen ausschließlich die aktuellsten Texte, andere lesen Stichproben aus negativen und positiven Texten. In den meisten Fällen finden jedoch die negativen Bewertungstexte und die Antworten darauf große Beachtung. Bei allen Vorgehensweisen wird versucht sich zu überzeugen, ob der erste Eindruck, der durchschnittliche Bewertung und die Bewertungsanzahl entstanden ist, sich bestätigt. Für die endgültige Entscheidung spielen danach drei weitere Faktoren eine entscheidende Rolle: der subjektive Eindruck, die Glaubwürdigkeit und die Aktualität der Bewertungen.
- Der subjektive Eindruck – Negative Bewertungen können sich relativieren, wenn der subjektive Eindruck entsteht, die Bewertung sei durch zu hohe Anforderungen oder aufgrund falscher Tatsachen abgegeben worden.
- Glaubwürdigkeit – Wenn bei einer Bewertung eine Inkonsistenz zwischen abgegebener Punktzahl und dem Bewertungstext vorliegt oder sich dieser wie Werbung liest, wird die Bewertung als ganze häufig als unglaubwürdig wahrgenommen.
- Aktualität – Aktuelle Bewertungen fließen stärker als ältere in die Entscheidungsfindung mit ein. Dies führt dazu, dass viele Bewertungssysteme (wie zum Beispiel die von Amazon oder ebay) nur die Bewertungen der letzten 12 Monate anzeigen.
Dieser Beitrag basiert auf Ergebnissen einer wissenschaftlichen Arbeit von C. Herrmann (2015) mit dem Titel: „Konzeption eines Modells zur Identifikation und Übertragung von Vertrauensfaktoren in Share Economy und Social Media: eine Grounded Theory Analyse“